Long COVID: Gezielte Rehabilitation ist entscheidend

Einige Menschen leiden nach einer Coronaerkrankung unter bestimmten Langzeitfolgen, die unter den Begriff Long COVID fallen.  Zu den häufigsten Symptomen zählen u.a. Erschöpfung, Atembeschwerden, Müdigkeit, Kurzatmigkeit sowie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie ein allgemeiner Rückgang der Lebensqualität. Nach 12 Wochen Symptomdauer spricht man vom sogenannten Post-COVID-Syndrom. Einige Patienten, insbesondere diejenigen, die auf der Intensivstation waren, erlebten  Symptome, die mit Fällen von PTSD (posttraumatische Belastungsstörung) assoziiert waren.

Long COVID kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen

Diese Erkenntnisse zeigen, dass der Weg zur Genesung für einige Monate dauern kann, und dass es wichtig ist, dass eine spezialisierte Rehabilitation zur Verfügung steht, um die Patienten zu unterstützen. Ein Forschungsteam – an dem multidisziplinäre Spezialisten der University of Leeds, des Leeds Teaching Hospitals NHS Trust, des Leeds Community Healthcare NHS Trust und der Leeds Beckett University beteiligt waren – begleitete 100 Menschen, die sich vier bis acht Wochen nach ihrer Entlassung von COVID-19 erholten.

Die Patienten wurden in zwei Gruppen eingeteilt: diejenigen, die schwer krank geworden waren und Intensivpflege benötigten, und jene, die auf einer Station behandelt wurden, ohne Intensivpflege zu benötigen. Die Patienten wurden von einem Mitglied des Rehabilitationsteams des Krankenhauses kontaktiert und stellten eine Reihe von Fragen zu ihrer Genesung und den noch bestehenden Symptomen. Mehr als 60 Prozent der auf der Station behandelten Menschen berichteten von Müdigkeit, ein Drittel von ihnen bezeichnete sie als mäßig oder schwer. Bei Patienten, die auf der Intensivstation waren, berichteten 72 Prozent über Müdigkeit. Das zweithäufigste Symptom war Atemnot. Menschen in beiden Gruppen gaben an, dass sie ein Gefühl der Atemnot hatten, das vor der Ansteckung mit COVID-19 nicht bestanden hatte. Dies war in der Gruppe der am stärksten Erkrankten, der Intensivgruppe, höher als bei jenen, die auf einer Station behandelt worden waren. Die dritthäufigsten Symptome waren neuropsychologische. Die Forschungsumfrage ergab, dass fast ein Viertel der Personen, die auf der normalen Station waren, und knapp die Hälfte der Personen, die auf der Intensivstation lagen, einige der Symptome von PTSD hatten.

Spezielles Rehabilitationsprogramm für Long COVID Patienten

Ein Rehabilitationsprogramm, das Menschen mit Long COVID hilft, ihre Symptome zu reduzieren und das Aktivitätsniveau zu steigern, hat beeindruckende Ergebnisse gezeigt. Es basiert auf einer allmählichen oder schrittweisen Steigerung der körperlichen Aktivität eines Patienten. Vor Beginn des Programms berichteten die Programmteilnehmer von durchschnittlich drei Zusammenbrüchen pro Woche, bei denen sie nach leichter körperlicher oder geistiger Anstrengung körperlich, emotional oder kognitiv erschöpft waren. Sechs Wochen später, am Ende des Programms, konnte dies auf durchschnittlich einmal pro Woche reduziert werden. Die Patienten erlebten auch eine moderate Verbesserung ihrer Aktivitätsfähigkeit und eine bessere Lebensqualität.

Das Pacing-Programm wurde vom langjährigen COVID-Dienst des Leeds Community Healthcare NHS Trust durchgeführt und von Klinikern und Wissenschaftlern der University of Leeds und der Leeds Beckett University evaluiert. Laut den Forscheren hat das Programm, das eine überwachte Steigerung der körperlichen Aktivität beinhaltet, das Potenzial, eine wirksame Behandlungsoption zu sein.

Rückkehr zur körperlichen Aktivität soll schrittweise erfolgen

An der sechswöchigen Studie in Leeds nahmen 31 Personen mit Long COVID teil. Im Durchschnitt hatten sie etwa 17 Monate lange COVID, bevor sie an diesem Programm teilnahmen. Sie litten neben Müdigkeit an einer Reihe von Symptomen, darunter Hirnnebel, Atemnot, Kopfschmerzen und Herzklopfen. Die Patienten folgten einem schrittweisen Programm zur Rückkehr zur körperlichen Aktivität, das als CR-10-Borg-Stimulationsprotokoll der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet wird, das sie durch fünf Aktivitätsstufen führt. Sie verfolgten das Programm zu Hause. Die erste Phase dient der Vorbereitung auf die Rückkehr zur Aktivität und umfasst Atemübungen und sanfte Dehnungen. Die fünfte Phase umfasst Aktivitäten, die die Patienten vor ihrer Erkrankung unternommen haben, wie z.B. regelmäßige Bewegung oder Sport.

Während des Programms erhielten die Patienten wöchentliche Anrufe von ihrem behandelnden Arzt, um ihre Fortschritte zu überprüfen. Sie wurden angewiesen, mindestens sieben Tage auf jeder Stufe zu bleiben und sich nicht zu überanstrengen, damit ihr Zustand stabil bliebe. Die Patienten füllten jede Woche einen Fragebogen aus, um ihre Belastungsniveaus zu bewerten, bevor eine Entscheidung getroffen wurde, ob sie mit der nächsten Stufe des Schrittmacherprotokolls fortfahren sollten.

Im Laufe der sechs Wochen kam es nicht nur zu einer Verringerung von Zusammenbrüchen, sondern auch zu einer Verbesserung des Aktivitätsniveaus und der Lebensqualität. In Bezug auf die Linderung von Long COVID-Symptomen wurde der größte Nutzen in der Verringerung von Müdigkeit, Atemnot und Kopfschmerzen gesehen.

Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass Ärzten, die Long COVID-Patienten unterstützen, immer noch das Bewusstsein fehlt, dass eine schrittweise oder allmähliche Rückkehr zur körperlichen Aktivität die Genesung unterstützen könnte.Diese Studie trägt zum aktuellen Verständnis bei, indem sie das Potenzial eines strukturierten Stimulationsprotokolls zur schrittweisen Verbesserung des Aktivitätsniveaus demonstriert.

Ausdauer- und Krafttraining zur Überwindung von Long COVID

Eine randomisierte Studie mit 80 Erwachsenen, die sich mit Long COVID in ambulanter Behandlung befanden, wollte herausfinden, wie sich sportliche Aktivitäten, respiratorisches Muskeltraining sowie die Selbstmanagement-Empfehlungen der WHO auf die Symptome sowie auf die körperliche Fitness der Patienten auswirken. Die Probanden wurden in vier Interventionsgruppen (Sportgruppe, Atemgruppe, Kombigruppe und Kontrolle) eingeteilt. Am Anfang der Untersuchungen zeigte sich kein wirklicher Unterschied zwischen den Gruppen. Nach acht Wochen jedoch verzeichneten die Teilnehmer der Sport- und Kombigruppe eine signifikante Verbesserung der Muskelkraft, im Gegensatz zur Kontroll- und Atemgruppe. Zudem erlebten sie weniger Atemnot und Müdigkeit, die Gesundheit war insgesamt besser. Auch Depressionen verbesserten sich in den ersten beiden Gruppen. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass Ausdauer– und Krafttraining in Kombination wirkungsvoller sind, um Long COVID zu überwinden, und ein besseres Wohlbefinden sowie eine Rückkehr zu einer guten körperlichen Fitness ermöglichen, als lediglich Atemmuskel-Training und Selbstmanagement-Empfehlungen.

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